Sonntag, 19. Juli 2009

Musikempfehlung XVI - Yves Montand

"A bicyclette" (1972) von Yves Montand: wir lieben dieses Lied, denn es bringt Erinnerungen zurück an die unbeschwerten Tage der Jugend in einer Zeit, in der das Leben - im Rückblick! - so einfach und überschaubar war. Wie gesagt, im Rückblick! Und wie herrlich leicht verfolgt das Piano die wilden Verfolgungsfahrten durch ein Dorf vor vielen Jahrzehnten. Selten harmonieren Text und Melodie so wunderbar, und deshalb hier der Versuch einer Übersetzung:

Mit dem Fahrrad

Als wir frühmorgens losfuhren
Als wir über die Feldwege losfuhren
Mit dem Fahrrad
Waren wir ein paar gute Freunde
Da war Fernand, da war Firmin,
Da waren Francis und Sébastien
Und auch Paulette

Wir waren alle in sie verliebt
Wir fühlten, wie uns Flügel wuchsen
Mit dem Fahrrad
Auf den kleinen Feldwegen
Haben wir oft die Hölle durchlitten
Wegen Paulette

Schon wahr, sie war mit dem Herzen dabei
Sie war die Tochter des Briefträgers
Mit dem Fahrrad
Und seit sie acht Jahre alt war
War sie ihm überall hin gefolgt
Und hatte so alle Wege kennen gelernt
Mit dem Fahrrad

Als wir uns dem Fluss näherten
Ließen wir im Farn zurück
Unsere Fahrräder
Dann rollten wir uns in den Feldern
Und schafften so einen wechselnden Strauß
Aus Grashüpfern, Schmetterlingen
Und Laubfröschen

Als die Sonne am Horizont
Auf alle Hecken
Unsere Silhouetten zeichnete
Kehrten wir ermattet zufrieden zurück
Doch im Herzen etwas unentschlossen
Weil wir keinen Moment alleine waren
Mit Paulette

Flüchtig ihre Hand berühren
Einen Moment lang die Kumpel vergessen
Das Fahrrad
Sagten wir uns: morgen gilt's
Morgen werde ich es wagen
Wenn wir über die Feldwege fahren
Mit dem Fahrrad

Donnerstag, 2. Juli 2009

"Wimbledon" in Selzen

Wenn der Centre Court in Wimbledon Boris Beckers Wohnzimmer ist, dann ist der Paulinenhof in Selzen unser, äh, Wimbledon – ein Ort, an dem wir uns sau(sorry, aber wahr)wohl fühlen und wo wir große Erfolge feiern konnten – und hoffentlich noch können.Bereits vier Mal sind wir in den vergangenen Jahren im Paulinenhof aufgetreten, und auch am letzten Samstag und Sonntag waren die Gäste sehr angetan vom Ambiente, den sehr guten – und sehr günstigen – Weinen und den kleinen Köstlichkeiten zum Essen. Und ein ganz klein wenig wohl auch von uns, wenn man dem Applaus und den Kommentaren glauben darf. Die Mainzer Allgemeine Zeitung zeigte sich durchaus zufrieden, was man der unten stehenden Kritik entnehmen kann.

Selten in unserer „Karriere“ waren wir so nervös wie vor diesem Konzert, denn wir hatten nicht weniger als 15 neue Chansons einstudiert! Und wer konnte vorher wissen, dass das Programm so gut ankommen würde…. Vielen Dank unseren Fans, den Winzern Ina und Rolf und ihren beiden Kindern, unseren Helfern Marlene und Tommy, sorry: Thomas, sowie Stefan S., der klasse Fotos gemacht hat – wie man ebenfalls unten sehen kann.

Wir sind jetzt jedenfalls hoch motiviert, das neue Programm vor gaaaaanz vielen Leuten zu spielen, und im August dann auch endlich unsere erste CD aufzunehmen.

A bientôt,
Brigitte & Thomas

Mainzer Allgemeine Zeitung, 01.07.2009:
"Dem Nachbarland Gehör verschafft


Ein "PassePartout" malt Rahmen im Rahmen und gibt gleichzeitig, schräg angeschnitten, bildender Kunst Kraft zurück. Ein Ausshnitt im Karton fokussiert Sehenswertes. Und wenn im Paulinenhof Selzen mit der Chanteuse Brigitte Stortz-Schindler und dem Pianisten Thomas J. Scheike ein Duo gleichen Namens zur Klangreise in die Welt des Chansons bittet, kann durchaus vom akustischen Fokus gesprochen werden. Hörereignisse flirten mit "Savoir Vivre" als emotionaler Trip zum fremd-vertrauten Nachbarland.

Musette im Walzertakt beunruhigt die Beine, die doch brav sich unter Stühlen verkriechen müssen. Dann saust die Metro mit Serge Gainsbourg in triste Außenbezirke. Ein Schaffner knipst das letzte Loch in seinen Kopf. Zurück in die Präsidenten-Suite, wo der romantische Komponist Robert Schumann eine Carla Bruni als ewiges Kind bekennen lässt, wie viele Liebhaber sie hatte. Zu "Douce France" aus der Feder von Charles Trenet flattert die Trikolore. Sein rhythmisches "Boum" sollte nach der Pause müde Geister wecken.

Zuvor zwitschert noch der Spatz von Paris: Edith Piafs Hommage an einen waghalsigen Motorradfahrer und vor allem ihre "Hymne à l'amour" erklären, warum Eros den Tod umarmt. Ediths Herzblatt schnürt nimmermehr die Handschuhe, weil er vom Himmel fiel. Gerufen von ihr.

Lust trägt tragische Züge. Davon erzählt das Duett. Dem genialen Pianisten wachsen Flügel. Er unterstreicht den Gehalt der Lieder. Wovon erzählt Paricia Kaas in "D'Allemagne", um alsbald "La parisienne" von Marie-Paul Belle zu entdecken? Geschichten und Melodien hallen nach, auch bei Menschen die der Fremdsprache ohnmächtig nur Lautgemälde vernehmen.

Brigitte Stortz-Schindler, Wahl-Undenheimerin mit Heimweh, moderiert erhellend im Dialog mit ihrem "Mann am Klavier". Im frech-frisch geschneiderten Kleid betrat keine Diva die Bühne. Eher eine Mittlerin, Freundin Anne Bickert komponierte ein "Duftlogo" für das kongeniale Duett, als mochte das Auditorium nicht zuvor schon gut riechen. Ohne Mode, ohne Parfüm kann es wohl keine Erinnerung an Frankreich geben...

Im zweiten Teil kam der Spötter Boris Vian zu Wort, der die Masochistin heraufbeschwört: "Fais-moi mal!" Die Rockoper um "Ziggi" entgrenzt das globale Dorf, ohne mit Celine Dion und der "Titanic" unterzugehen. Als Zugabe erklang Reinhard Mays Ballade über die "Zeit des Gauklers". Frédéric, wie der Barde in Frankreich heißt, hätte die zweisprachige Interpretation gefreut.